In der Kirche Herz Jesu Wiedikon sind seit Jahrzehnten nicht nur Katholikinnen und Katholiken deutscher Muttersprache zuhause, sondern auch Polen, Tamilen und Tschechen. Die polnische Mission gibt es bereits seit 1950, die anderen zwei Missionen feiern 2021 ein Jubiläum – die tschechische entstand vor 50, die tamilische vor 25 Jahren. Bereits seit 1898 gibt es in Zürich eine italienische Mission, die Missione cattolica italiana (MCI). Sie ist nach wie vor die grösste. Vor allem ab den 1950er-Jahren entstanden weitere Missionen, um Menschen verschiedener Herkunft eine kirchliche Heimat und Seelsorge in der Muttersprache zu bieten. Ein Drittel der Katholikinnen und Katholiken im Kanton Zürich haben mittlerweile einen ausländischen Pass und viele Schweizerinnen und Schweizer sind mit einer anderen Sprache als Deutsch im Gottesdienst vertraut. Inzwischen gibt es 26 verschiedene Missionen im Kanton Zürich – von A wie Albanisch bis V wie Vietnamesisch. Messe auf Polnisch, Tamilisch, Tschechisch Drei dieser Missionen sind in ihrer Geschichte eng mit Herz Jesu verbunden, hier gibt es regelmässig Gottesdienste in Polnisch, Tamilisch und Tschechisch. Auch wenn sich die drei Sprachen voneinander unterscheiden, so vereint zwei von ihnen ein Jubiläum: Vor 50 Jahren entstand die tschechische und vor 25 Jahren die tamilische Mission. Die polnische Mission in der Schweiz ist bereits 71-jährig. «Vor der Pandemie gingen jedes Wochenende rund tausend Leute in unserer Kirche Herz Jesu ein und aus», sagt Pfarreileiter Artur Czastkiewicz. Er leitet im Kanton Zürich die Polenmission und ist somit für die Seelsorge von rund 9000 Polnischsprachigen zuständig. «Missionen bereichern das Pfarreileben», sagt er. In seiner früheren Funktion als bischöflicher Beauftragter für die Migrantenseelsorge in den Kantonen Zürich und Glarus erlebte er die ganze Vielfalt der anderssprachigen Missionen. «Das Christsein und die gemeinsame Katholizität lässt sich sehr vielfältig leben», sagt er. Für Herz Jesu Wiedikon sind ihm die gemeinsamen Anlässe wie der «Tag der Völker» oder der monatlichen deutsch-polnischen Freitagsgottesdienst ein grosses Anliegen. Eine internationale polnische Community Bereits im 19. Jahrhundert gab es hierzulande polnische Arbeiterinnen und Arbeiter, doch erst mit dem Zweiten Weltkrieg kamen grössere Gruppen von Polen in die Schweiz – 1940 strandete die 2. Polnische Schützendivision, bestehend aus 12 000 Soldaten, in Goumois im heutigen Kanton Jura. Ein Teil der Soldaten lebte in der Schweiz erst als Internierte und blieb dann hier. Andere Polinnen und Polen kamen als Arbeiter in die Schweiz, zum Beispiel bei Sulzer in Winterthur. Um die Seelsorge zu gewährleisten, gründete Josef Maria Bochensky, Professor in Fribourg, im Juni 1950 eine nationale polnische Mission und las Messen sowohl in der Westschweiz als auch in Winterthur. Bald wurden auch in der Stadt Zürich polnische Gottesdienste abgehalten – erst in der Kapelle des Spitals Theodosianum, dann in Liebfrauen, später in Herz Jesu Wiedikon. Heute leben rund 30'000 katholische Polinen und Polen in der Schweiz. Herz Jesu Wiedikon ist die Hauptkirche der polnischen Katholikinnen und Katholiken in den Kantonen Zürich und Glarus: Hier finden jeden Sonntag eine oder zwei Messen auf Polnisch statt. Die Besucherinnen und Besucher der Gottesdienste sind vor allem Berufsleute zwischen 30 und 40 – teilweise mit Familien. «Wir haben eine sehr junge Gemeinde», sagt Czastkiewicz. Viele arbeiten in akademischen Berufen, andere in der Landwirtschaft. 50 Jahre tschechische Mission Die Entstehung der tschechischen Mission ist eng mit den Unruhen in der damaligen Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik (ČSSR) verbunden, die ab 1968 viele Familien in die Flucht trieb. So auch die Familie von Mirjam Nemecek-Job, die mit ihren Eltern als Zweijährige ins Zürcher Oberland kam. Bereits zu diesem Zeitpunkt gab es tschechische Seelsorger, die im Kanton Zürich Gottesdienste feierten. Die Familie Job besuchte in Tann-Rüti die Messe, wobei einmal im Monat ein Gottesdienst in Tschechisch gehalten wurde, an dem jeweils zwanzig bis dreissig Tschechischsprachige aus der Region teilnahmen. Bald schon arbeitete Mirjam Nemecek-Jobs Mutter als Sekretärin für Pater Josef Šimčík, einen Salesianer, der seit der offiziellen Gründung 1971 die tschechische Mission leitete und stark prägte. Hauptort der tschechischen Mission war die MCI in Aussersihl, die ebenfalls von Salesianern geführt wurde und wird. Bis heute finden tschechische Gottesdienste in der MCI und in Herz Jesu Wiedikon statt. Tschechische Lieder Der umtriebige Pater Josef Šimčík bemühte sich um eine lebendige Gemeinde, veranstaltete Feste, Einkehrtage, Wallfahrten und Reisen für Jugendliche und Ferienlager für die Kinder aus dem ganzen Kanton und darüber hinaus. Aus dem Züricher Oberland kamen die Kinder in die Stadt, um hier samstags die «tschechische Schule» mit Sprach-, Geografie- und Geschichtsunterricht zu besuchen. Bei den verschiedenen Veranstaltungen der Mission wurde viel gesungen: «Ich kenne Hunderte von tschechischen Liedern», erzählt Mirjam Nemecek-Job rückblickend. Heute werden die schweizweit rund 1600 katholischen Tschechinnen und Tschechen von Pater Antonin Spacek betreut, der wie bereits Pater Josef Šimčík nicht nur in Herz Jesu Wiedikon, sondern in der ganzen Deutschschweiz Messe liest. Herz Jesu Wiedikon ist für die katholischen Tschechinnen und Tschechen nach wie vor ein wichtiger Ort: Im Spätsommer feierten sie hier das 50-jährige Bestehen der Mission. Tamilische Ministrantinnen Für die Seelsorge von 7100 Personen ist die ebenfalls national organisierte tamilische Mission zuständig, die jeden ersten und dritten Sonntag im Monat in Herz Jesu einen Gottesdienst feiert – neben einem weiteren Gottesdienst in Seebach jeweils jeden zweiten Donnerstag im Monat. Ihre Ministrantinnen und Ministrantinnen hingegen sind Teil des Teams in der Pfarrei und auch in den deutschen Gottesdiensten tätig. «Unsere Kinder sind nicht nur in unserer Mission aktiv, sondern in den Pfarreien wie beispielsweise in Herz Jesu Wiedikon gut integriert», erzählt Johnson Thiruchelvam, Sekretär der Tamilenmission in der Schweiz. 2021 feiert die tamilische Mission ihr 25-Jahr-Jubiläum seit der Gründung 1996. Mit dem Bürgerkrieg in Sri Lanka kamen ab Mitte der 1980er-Jahre erst viele sri-lankische Männer, dann auch Frauen in die Schweiz – viele von ihnen Buddhisten, Hindus, Muslime, aber auch Christen, die rund einen Zehntel der sri-lankischen Bevölkerung ausmachen und primär der Römisch-katholischen Kirche angehören. Zürich als zentraler Ort der Tamilen Achtzig bis hundert Personen nehmen jeweils an den Gottesdiensten in Herz Jesu Wiedikon teil. «Wiedikon ist ein wichtiger Standort, auch weil er so zentral ist», sagt der in Luzern domizilierte Thiruchelvam. Der tamilische Pfarrer, Soosaithasan Douglas Milton Logu, reist durch die ganze Schweiz: Er liest in Bern, Genf oder Sion Messe. – Und auch im Kloster Mariastein im Kanton Solothurn, einem wichtigen Ort für die katholischen Tamilinnen und Tamilen in der Schweiz. Höhepunkt im liturgischen Jahr ist nämlich die Wallfahrt hierhin nach Maria Himmelfahrt im August, zu der jeweils 2000 bis 2500 Gläubige pilgern. Hoffnung auf die Jungen setzen
Für alle drei Missionen ist die Jugendarbeit ein zentrales Thema. Der tschechische Seelsorger, Pater Antonin Spacek, schreibt in einem Bericht zum 50-jährigen Bestehen seiner Mission, dass viele Kinder der zweiten oder dritten Generation in die Schweizer Pfarreien integriert seien. Sowohl bei der polnischen wie bei der tamilischen Mission wird betont, wie wichtig die Jugendarbeit sei. «Wir müssen ein Vorbild sein für die jüngere Generation», findet Thiruchelvam. Nach der Pandemie will er wieder anknüpfen an die Zeit zuvor und erneut Jugendtreffen organisieren – wie 2018 in Flumserberg: «Neben unseren Jugendlichen waren auch zwanzig Personen aus Deutschland dabei», erzählt er. Auch Czastkiewicz ist optimistisch: «Es gibt einen grossen Bedarf nach Zusammensein.»
1 Kommentar
Ursula Stamopoulos
19/5/2022 16:06:06
Eine Tänzerin aus meiner Tanzgruppe hat eine polnische Tracht und möchte sie wegen Umzug loswerden. Kenn sie jemand der an einer Tracht interessiert ist? Hier die Angaben meiner Tänzerin:
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