Vereine machten seit Beginn einen wichtigen Teil des Pfarreilebens aus – zeitweise gab es wohl an die zwanzig Vereine in Herz Jesu Wiedikon. In diesem Beitrag erzählt Ursula Abbt von ihrer Zeit im Blauring und Frauenverein. Die Tätigkeiten der Vereine in Herz Jesu Wiedikon waren unterschiedlich: Einige kümmerten sich um kirchliche Anliegen wie die Musik oder die Paramente, andere waren der Fürsorge verpflichtet. Ebenso gab es Vereine für Arbeiterinnen oder Angestellte, für Kinder und Jugendliche. Dies seit den ersten Tagen der Pfarrei vor einem Jahrhundert. In der Freizeit etwas erleben – 18 Jahre im Blauring Im Archiv sind die Vereine zwar dokumentiert, aber über das Vereinsleben insgesamt lässt sich am meisten erfahren durch Erzählungen, so zum Beispiel von Ursula Abbt. Sie kam 1940 zur Welt und wuchs in Wiedikon auf. Nach ihrer pädagogischen Ausbildung war sie eine der ersten römisch-katholischen Primarlehrerinnen im Schulkreis Letzi – das gab es zuvor nicht. In ihrer Kindheit und Jugend spielte der Blauring eine grosse Rolle: 18 Jahre lang war sie Mitglied, erst als «normales» Mädchen, später als Scharleiterin. Ursula Abbt erinnert sich: Es war nach meiner Erstkommunion, als ich mit einigen meiner Kameradinnen in den Blauring unserer Pfarrei eintrat. Unsere Schar zählte über hundert Mädchen. Ich gehörte zur Gruppe Wettertanne. Wie freute ich mich darauf, jeden Samstagnachmittag mit meiner Gruppe zu verbringen, sei es irgendwo im Freien oder in unserm Gruppenzimmer unter der Kirche! Wir sangen zusammen, bastelten, wanderten und streiften durch den Wald, diskutierten oft auch über religiöse Themen. Einmal im Jahr übten wir ein Theater ein, mit dem wir dann am sogenannten ‹Altlütlifest› die vielen älteren Leute im vollen Johanneumssaal erfreuten. Immer am vierten Sonntag im Monat fand die Generalkommunion der Unterrichtskinder statt, und mit den Knaben aus Pfadi und Jungwacht füllten wir allemal beinahe unsere Kirche. Alle Jugendvereine marschierten auch stolz in Uniform und mit Fahnen an der alljährlichen Fronleichnamsprozession mit. Am Sonntagnachmittag trafen wir uns meistens im Johanneum, wo uns ein lustiger Film gezeigt wurde. Ein besonderes Erlebnis waren auch jeweils die Sommerlager an verschiedenen Orten der Schweiz. Ich denke, dass solche Jugendvereine wie der Blauring in unserer Pfarrei damals sehr wertvoll waren für viele Kinder. Für mich und für viele meiner Kolleginnen war es die einzige Möglichkeit, in unserer Freizeit zusammen mit andern etwas zu erleben und mitzugestalten oder Ferien zu verbringen. Dem Blauring bin ich auch nach meiner Schulzeit treu geblieben. Ich war Leiterin einer Gruppe und dazu auch noch Scharleiterin bis kurz vor meiner Hochzeit. Jedes Jahr organisierten wir Sommerlager für die Kinder und auch für die Leiterinnen. Es machte mir immer Freude, Kinder und Jugendliche in ihrer Freizeit zu begleiten und auch Leiterinnen für ihre Aufgabe zu begeistern. Wenn ich heute sage, dass unsere Pfarrei für mich ein Stück Heimat bedeutet, dann hat meine Zeit im Blauring einen Grundstein dazu gelegt. Ein umfassendes Familiennetzwerk – fast drei Jahrzehnte im Frauenverein
Nach ihrer Hochzeit im Jahr 1968 kamen bald Ursula Abbts drei Kinder zur Welt. Schon seit 1922 bestand in der Pfarrei der Frauenverein. «Wie man in den alten Protokollen der Vereinszusammenkünfte nachlesen kann, wurde den Frauen damals ihre Bedeutung für Kinder, Küche und Kirche nahegelegt und streng darauf geachtet, dass die Frauen jeden Sonntag den Gottesdienst besuchten», sagt Abbt, die sich nach langem Engagement in diesem Verein mit der Geschichte des Vereins auseinandergesetzt hat. Zu ihrer Zeit im Frauenverein erzählt sie: Im Jahr 1978 wurde ich von der damaligen Präsidentin angefragt, ob ich in den Vorstand des Frauenvereins kommen würde. Ich hatte bis dahin als Mutter von drei kleineren Kindern nicht viel von diesem Verein gehört und machte den Vorschlag, dass ich dem Vorstand beitreten würde, wenn ich etwas tun könnte für Mütter mit ihren Kindern. Ich organisierte das Mu-Ki-Turnen und schon bald trafen sich zwei Gruppen kleiner Kinder mit ihren Müttern jede Woche im Johanneum zum Turnen, Singen und Spielen. Beim anschliessenden Kaffee entstanden viele Freundschaften. Und als einige der Kinder in den Kindergarten kamen, entschlossen wir uns, diese Treffen weiterzuführen und auf die ganzen Familien auszuweiten. Neben dem Mu-Ki-Turnen entstand dann der Familienkreis. Wir unternahmen immer wieder Wanderungen zusammen und ab und zu trafen sich abends auch nur die Eltern zu einem gemütlichen Essen, zum alljährlichen Kegelabend oder als kostümierte Gruppe zur Pfarreifastnacht. Mit den Kindern des Familienkreises übte ich auch viele Weihnachtsspiele ein, die wir im Johanneum aufführten. Zusammen mit meiner Vorstandskollegin, Lydia Hossmann, gestalteten wir Familiengottesdienste, an denen die Kinder mit Freude mitwirkten. Jeden Donnerstag feierten wir unsern Frauengottesdienst, den wir oft mitgestalteten und dessen Name Frauenmesse bis heute noch geläufig ist. Wir regten auch an, dass diese Frauenmesse einmal im Monat im Seniorenheim Burstwiesen gefeiert wurde. Wir gestalteten Anlässe für Frauen im Johanneum und jedes Jahr unternahmen wir eine Reise mit den Mitgliedern des Vereins. Zu den Vorstandsreisen waren ab und zu auch unsere Ehemänner eingeladen. 1992 feierten wir siebzig Jahre Frauenverein und traten als Frauen von damals auf der Bühne auf. Eine Frau aus dem Vorstand war auch zuständig für den Betrieb des katholischen Kindergartens an der Gertrudstrasse, eine andere plante die Besuche bei unseren alten und kranken Mitgliedern. Wir halfen auch fleissig mit beim Servieren an den verschiedenen Pfarreianlässen. Ich vertrat einige Jahre den Frauenverein im Pfarreirat, trat dann aus dem Vorstand aus, als ich Pfarreiratspräsidentin wurde, blieb aber Mitglied, bis der Verein vor einigen Jahren aufgelöst wurde. Der Frauenverein wurde somit ein weiteres Glied in der Kette meiner Verbundenheit mit unserer Pfarrei.
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